Veranstaltung gegen das Vergessen – Lesung und Vortrag zum Thema Zwangsarbeit in Franken
Am 09.04. und 10.04. fand am Gymnasium Langenzenn eine bewegende und zugleich tiefgründige Doppelveranstaltung statt, die sich dem Thema „Zwangsarbeit im ländlichen Franken 1939–1945“ widmete. Anlass war unter anderem die Aufnahme unserer Schule in das Netzwerk „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. Zugleich jährte sich in diesen Tagen die Auflösung des Gestapo-Straflagers in Langenzenn zum 80. Mal – ein doppelter Anlass, sich mit den historischen Geschehnissen in unserer unmittelbaren Umgebung intensiv auseinanderzusetzen.
Nach der Begrüßung durch die Schulleitung wurde das Wort an Herrn Joachim Mensdorf – dem ehemaligen Direktor des Wolfgang-Borchert-Gymnasiums – übergeben, der die Gäste mit einer emotionalen Geschichte aus dem Jahr 1942 in das Thema einführte: Die bewegende Biografie der jungen Maria aus der Ukraine, die zur Zwangsarbeit nach Fürth deportiert wurde, berührte das Publikum spürbar. Ihr Schicksal – vom Einsatz im Hause Gustav Schickedanz bis zur Inhaftierung im Arbeitserziehungslager Langenzenn – verdeutlichte auf erschütternde Weise die Brutalität und Willkür, denen Zwangsarbeiter ausgesetzt waren.
Herr Mensdorf erläuterte anschließend, warum er sich bei seinen Recherchen besonders der Biografie des ehemaligen Häftlings Wladyslaw Kostrzenski zugewandt hat. Dessen Lebensweg – vom Warschauer Aufstand über die Deportation ins KZ Dachau und Zwangsarbeit bei Daimler-Benz bis hin zum Aufenthalt im Lager Langenzenn – ist nicht nur beispielhaft für viele ähnliche Schicksale, sondern auch außergewöhnlich gut dokumentiert.
Anhand von historischen Karten, Luftbildaufnahmen und einem detaillierten Lagerplan konnten die Gäste die Dimensionen und die Funktion des Lagers in Langenzenn nachvollziehen. Das Arbeitserziehungslager Langenzenn war eines von vielen Lagern, die im gesamten Deutschen Reich von der Gestapo betrieben wurden. Im Gegensatz zu den Konzentrationslagern unterstand dieses Lager der Polizei und diente der Abschreckung, Bestrafung und „Wiedereingliederung“ von Zwangsarbeitern. Besonders erschütternd war die Schilderung des brutalen Lagerleiters Konrad Beetz, dessen Grausamkeit vielen Häftlingen das Leben kostete.
Die historische Einordnung wurde ergänzt durch die Ausstellungstafeln aus dem Freilandmuseum Bad Windsheim, die entlang der Aula präsentiert wurden. Diese stammen aus der Ausstellung „Zwangsarbeit im ländlichen Franken 1939–1945“ und rundeten den Abend visuell und informativ ab.
In der Pause sorgten die Schüler der SIR-Gruppe für das leibliche Wohl der Besucherinnen und Besucher.
Ein besonderes Highlight war außerdem die Lesung, bei der Mitglieder der SMV bewegende Passagen aus historischen Quellen und Erinnerungsberichten vortrugen. Durch ihre authentische und eindrucksvolle Darbietung gaben sie den Opfern der NS-Zwangsarbeit eine Stimme.
Am darauffolgenden Tag fand der Vortrag erneut statt – diesmal vor allen 9. Klassen des Gymnasiums Langenzenn. Auch hier war das Interesse groß, die Schülerinnen und Schüler zeigten sich tief betroffen und äußerst aufmerksam. Der Schulleiter, Herr Benker, nutzte die Gelegenheit, um sich nochmals herzlich bei Herrn Mensdorf für seinen engagierten und eindringlichen Beitrag zur historischen Bildung und zur gelebten Erinnerungskultur zu bedanken.
Die Veranstaltung hat gezeigt, wie wichtig es ist, Geschichte lokal zu verorten, individuelle Schicksale sichtbar zu machen und sich auch generationsübergreifend gegen das Vergessen zu stellen.