Vortrag „Eisbär im Fischernetz – Plastik im Polarmeer, was geht uns das an?“

Am 4. Juni 2025 war Birgit Lutz, inzwischen zum dritten Mal, am WBG zu Gast mit ihrem Vortrag „Eisbär im Fischernetz. Plastik im Polarmeer - was geht uns das an?“ für die 7. und 9. Klassen. Die Journalistin und Buchautorin ist seit Jahren als Reiseleiterin auf Segelschiffen in der Arktis, vor allem rund um die Inselgruppe Spitzbergen, unterwegs. Sie hält zahlreiche Vorträge zu Umweltthemen, in denen sie über ihre reichen Erfahrungen berichtet.

Bei ihren Reisen stößt sie überall, auch an den entlegensten Stränden, die weitab der menschlichen Zivilisation liegen, auf enorme Mengen an Plastikmüll, der mit den Meeresströmungen über den gesamten Globus verteilt wird. Sie hat ein Citizen-Science-Forschungsprojekt am Alfred-Wegener-Institut für Meeresbiologie in Bremerhaven initiiert. Für dieses Forschungsprojekt sammelt, dokumentiert und katalogisiert sie mit der Unterstützung von Reisegruppen regelmäßig den Plastikmüll an unbewohnten Strandabschnitten Spitzbergens und leistet damit einen wertvollen Beitrag zur wissenschaftlichen Erfassung des Themas und zum Kampf gegen Plastikmüll.

Plastik - ein hochwertiger, leider oftmals völlig falsch eingesetzter Werkstoff

Birgit Lutz hat uns eindrücklich zahlreiche Probleme vermittelt, die mit dem Plastik verknüpft sind. Einerseits hat sie uns die schädlichen Auswirkungen des Plastikmülls auf die Umwelt, insbesondere die Tierwelt, vor Augen geführt. Viele Tiere in der hohen Arktis verheddern oder verfangen sich in Resten von Fischernetzen und verenden qualvoll oder fressen versehentlich angeschwemmte Plastikfolien, die sie mit Nahrung verwechseln, und verhungern, weil ihre Mägen voller Plastikmüll sind.

Das Problem betrifft den gesamten Globus - es ist nachgewiesen, dass die entlegensten Strände in Spitzbergen, die teils noch nie von einem Menschen betreten wurden, mancherorts genauso stark verschmutzt sind wie die Strände der dichtbesiedeltsten Regionen der Erde. Den meisten Deutschen ist außerdem nicht bewusst, dass ein nicht unerheblicher Teil des Plastikmülls im Meer aus Deutschland stammt, da wir davon ausgehen, dass unsere Mülltrennung und das Recycling funktionieren. Doch ein Großteil unseres Mülls wird nicht recycelt, da dies sehr aufwändig ist, sondern in ärmere Länder exportiert, daher landet Vieles der von den Verbrauchern gewissenhaft sortierten Verpackungen letztendlich unbeabsichtigt im Meer.

Ein weit verbreiteter Irrglaube ist außerdem die Vorstellung, das Plastik schwimme auf der Meeresoberfläche und könne relativ einfach abgefischt werden. Denn über die Hälfte der Kunststoffe sind schwerer als Wasser und sinken in die Tiefe. Der Müll sammelt sich in riesigen Strudeln auf den Weltmeeren, wo das Plastik durch die Wasserbewegung immer stärker zerrieben wird. Somit ist die gesamte Wassersäule dieser Strudel bis zum Meeresgrund durchsetzt mit Plastik. Selbst in den tiefsten Tiefseegräben der Ozeane (Marianengraben) findet man inzwischen Plastik. Mit unseren aktuellen technischen Mitteln ist es nicht möglich, dieses Plastik jemals wieder restlos zu entfernen. Nicht zuletzt ist Plastik auch sehr klimaschädlich, da während des gesamten Lebenszyklus (Herstellung, Transport, Zerfall in Mikroplastik) CO2 freigesetzt wird.

Über 50 Prozent des gesamten Plastiks ist erst seit 2000 hergestellt worden - Tendenz steigend. Insbesondere die Menge an Plastik, welche als Einwegverpackungen eingesetzt werden, steigt nach wie vor stark an – nicht zuletzt bedingt der Umstellungsprozess von fossilen Brennstoffen auf Elektroautos und Wärmepumpen, dass die Erdölbranche andere Absatzmöglichkeiten für Erdöl sucht. Der hochwertige, leichte, langlebige und bruchfeste Werkstoff wird somit viel zu oft als Einmalprodukt eingesetzt - und bildet wachsende Müllberge auf unserem Planeten, denn Kunststoffe brauchen Hunderte von Jahren, um sich zu zersetzen. Wenn die Produktion von Plastik und die Menge, welche am Schluss im Meer landet, ungebremst in der aktuellen Weise ansteigt, ist davon auszugehen, dass sich im Jahr 2050 mehr Plastik als Fisch in den Fischernetzen landet, was zu großen Ernährungsproblemen der Weltbevölkerung führen würde.

Nicht zu vernachlässigen ist außerdem der Reifenabrieb – pro Jahr fallen allein in Deutschland kaum zu glaubende 120.000 Tonnen an Reifen- und Bremsenabrieb an, welcher in der Umwelt landet, beispielsweise auf den angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen.

Plastik – schädlich für uns: Der Kreislauf schließt sich

Besonderes Augenmerk hat Birgit Lutz darauf gelegt, die schädlichen Auswirkungen von Mikroplastik auf den menschlichen Organismus aufzuzeigen. Insbesondere Weichmacher in Kunststoffen (z. B. Bisphenol A) stören nachweislich den Hormonhaushalt und stehen im Zusammenhang zu Unfruchtbarkeit, Schilddrüsenerkrankungen, ADHS, Gewichtszunahme, Stimmungsstörungen, einem erhöhten Krebsrisiko, Alzheimer und weiteren Erkrankungen.

Zu einem Großteil sind hierfür Einwegplastik (insbesondere Einweg-Getränkeflaschen) und Kosmetikprodukte, die sehr häufig Mikroplastik enthalten (z. B. Peelingprodukte, Zahncreme, Hautcreme, Duschgels, Shampoos, Make-Up-Produkte), verantwortlich, aber auch die in letzter Zeit sprunghaft ansteigende Menge an Billigkleidung, welche in großer Menge über asiatische Shopping-Plattformen angeboten wird. Nicht zuletzt nehmen wir über die Ernährung Mikroplastik zu uns - pro Woche nimmt jeder Mensch im Durchschnitt die Menge an Mikroplastik auf, die einer Kreditkarte (!) entspricht. Das Problem betrifft uns alle – Mikroplastik ist überall im Körper, beispielsweise in den Eierstöcken, Hoden und im Gehirn - und selbst in der Plazenta und Muttermilch nachweisbar. Der Kreislauf hat sich also geschlossen und letztendlich landet unser Plastik auf unserem Teller und in unserem Körper.

Was kann jede*r einzelne tun?

Zum Schluss hat uns Birgit Lutz zahlreiche Tipps mit auf den Weg gegeben, was jede und jeder einzelne von uns tun kann:

  • Bewusst konsumieren, so gut wie möglich auf Plastik verzichten
  • Ausrangierte Elektrogeräte abgeben und recyceln lassen (ungenutzte Handys in der Schublade)
  • Mehrweg- statt Einwegverpackungen verwenden
  • Auf plastikfreie Kosmetikartikel umsteigen, Plastikverpackungen vermeiden
  • Kleidung: Auf Fast Fashion verzichten, Naturfasern statt Kunstfasern verwenden
  • Unverpackt einkaufen
  • Mit der App „CodeCheck“ Inhaltsstoffe von Produkten überprüfen
  • Bei der Berufswahl Möglichkeiten in Betracht ziehen, um Einfluss nehmen zu können (z. B. Umwelttechnik studieren, Jura studieren, in die Politik gehen)
  • Geldanlagen überprüfen (z. B. Fonds vermeiden, die Erdölproduzenten unterstützen)

Christiane Schönberger, Fachschaft Geographie

Scroll to top